Die Sehnsucht nach dem Mittelalter

Ritterspiele, mittelalterliche Stadtfeste, ja die sind in, man will wieder zurück ins Mittelalter, zurück zur Leibeigenschaft, zu Schlägen, zu Hunger und Pest, zur Ausbeutung und Krankheit, zu dauernden Kriegen, weils so toll war.

Heuer mal wieder, die NiederBayern schon wieder:

"Alle vier Jahre wird in der niederbayerischen Stadt die pompöse Party von 1475 nachgespielt, als Herzog Georg eine polnische Königstochter zum Altar führte. Zur «Landshuter Hochzeit» kommen sogar aus Übersee viele Gäste...Es ist das größte Historienfest Europas», sagt Ernst Pöschl, Vorsitzender der «Förderer». Stolz verweist er darauf, dass alle Rollen des Historienspiels mit normalen Bürgern besetzt seien...Aber weder die Hochzeiter von 1475 mussten darben noch die heutigen Spieler. Der Brautvater, Herzog Ludwig der Reiche, hielt die 10.000 Hochzeitsgäste damals acht Tage lang frei. Zwei Chronisten hatten so unzählige Details überliefert, dass das Fest heute facettenreich nachgespielt werden kann. Bis auf den Humpen genau notierten sie, was alles in die Mägen der Hochzeitsgäste wanderte: 194.345 Eier, 323 Ochsen, 684 Sauen und 1537 Lämmer wurden verspeist und mit 5616 Fässern Wein und Bier hinuntergespült. Auch dieser Teil des historischen Geschehens wird in Landshut gerne nachgelebt."
http://www.netzeitung.de/reise/1388579.html

Wie krank muss man sein, um so eine gequirlte Scheisse, nachzuspielen und das auch noch "gerne"...sorry..

Schauen wir doch mal, wie es tatsächlich so war, das Essen für uns, damals, als die Adligen sich die Wänste vollschlugen...

Grundnahrung des Volkes im Mittelalter:

Der allgegenwärtige Brei - in den meistenHaushalten war Brei die einzige Mahlzeit des Tages - drei- bis viermal täglich und das bis weit in das 18. Jahrhundert hinein, bis er durch die Kartoffel ersetzt wurde. Als Lebensmittel für alle wurde er zur Speise für die Armen.

Dabei darf man den Brei nicht mit unserer heutigen Vorstellung von Brei vergleichen: er war sehr steif bis schnittfest, nicht breiig im Sinne des Wortes wie wir es heute verstehen.

Zum Brei wurde Gemüse, saurer Kohl und selten Fleisch gegessen und es war beileibe nicht unerheblich, woraus der Brei an sich bestand. Aus einem irischen Gesetzetext aus dem 8. Jahrhundert ist noch genau zu verfolgen, wer welchen Brei essen durfte: "Die Kinder der unteren Schichten bekommen gerade ausreichend viel Brei aus Hafermehl und Buttermilch oder Wasser, zu dem alte Butter gegeben wird.

Brot im Mittelalter:

Das weisse Brot, aus fein gemahlenem Weizenmehl hergestellt, war in alten Zeiten (nicht nur im Mittelalter) für den Fürsten- und Herrentisch reserviert.

Dunkle Brotsorten, vornehmlich Roggenbrot kam auf den Tisch der Bauern.

Hier muss das Antoniusfeuer erwähnt werden, das "merkwürdigerweise" fast ausschließlich arme Leute und Bauern befiel. Der Name "Antoniusfeuer" bezeichnet die Vergiftung durch den Mutterkornpilz.

Im Mittelalter nahm diese (oft todbringende) Krankheit seuchenartige Auswüchse an - besonders nach Hungersnöten, verregneten Sommern, etc. - man nahm in die Ernte alles auf, was an Korn zu ernten war.

Das das Mutterkorn besonders kurz vor der Ernte am meisten Gift enthält, kam es nach den Ernten zu schlimmsten Ausmaßen des Antoniusfeuers, das in zwei Formen auftreten kann.

Die in Deutschland häufigere Form betraf das Nervensystem und führte meist zum Tod.

Erst im angehenden Barock entdeckte ein holländischer Arzt den Zusammenhang zwischen Mutterkorn und Antoniusfeuer. Und ähnliche Zusammenhänge lassen sich auch bei anderen Seuchen der damaligen Zeit erkennen.

Als Heilmittel gegen die Seuche wurde neben Wagenfett auch Chlorweiß empfohlen - dass die Seuche ungehindert, eher gefördert und unterstützt, weiter hausen konnte, liegt auf der Hand.

Fleisch oder eher nicht im Mittelalter fürs Volk:

Nur den Adligen vorbehalten, kommt es in der Literatur ständig auf den Tisch der Herren - in Wahrheit machte der Wildanteil der Adelsspeisen knappe 5 % aus, später in den Städen sogar nur bis zu 3 %.

Es klingt einfach zu schön, wenn von Fasanen, Schwänen, Wildenten, Tauben und Hirschen die Rede ist - die Wirklichkeit brachte Hühner, Gänse, Schaf- und Ziegenfleisch auf die Tafel (auch nicht zu verachten).

Schweineschmalz und selten Speck gehörten der bäuerlichen Bevölkerung, die Herren beschränkten sich auf Öl, später dann auch auf Butter.

Dass den Bauern angeblich auch ihr Anteil Fleisch zugestanden wurde, ist sehr löblich, doch archäologische Funde zeigen auf, dass die bäuerliche Bevölkerung sich doch mehr von Gerstenbrei und Gemüse ernährt hat, denn von Fleisch.

Gewürze waren nur für die Reichen erschwinglich.

Na dann feiert man schön und freut euch auf das kommende Mittelalter...ihr stolzen Landshuter...auf das die Peitsche des Fürsten wieder euren Rückenn zieren wird.
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