Das Geständnis Teil 1

"Ich gestehe...ich gestehe...ich gestehe...!"

Die Stimme aus dem Nichts, dem Nichts zwischen den Pennern, den besoffenen, vom Bahnhof in der Stadt, der See zwischen dem Elend und den Bergen (was kann der See dafür?), auf den Parkbänken der Promenade, der Seepromenade, dort wo die Dampfer die Sonntagsausflügler großzügig aufnehmen und angewidert wieder ausspucken mit Hilfe des ellenlangen Stegs, der stets abgeschlossen ist, wenn denn die Dampfer nicht spucken, am Sonntag des Mittags.

Niemand darf auf diesen Steg, sonst, schon gar nicht die Penner, die Rot-beweinten, stinkenden, heruntergekommenen, sie könnten ja mit den fliegenden Tieren gemeinsam ihre Notdurft verrichten, dort. Nur die Möven und die fetten Tauben dürfen, wer soll es ihnen auch verbieten? Nur sie, diese Tiere der Lüfte, dürfen ihn vollscheissen diesen sonst so, vor den Menschen wunderbar geschützten Steg. Dieser wunderbare Steg, der Einstieg in die Glückseligkeit der Deutschen Ausflugslust.

"Ich gestehe..ICH gestehe...ICH GESTEHE!!!"

Lauter wird der Schrei, die Stimme eines Mannes, zwischen den Pennern, den Rot-geweinten. Der Schrei geht über in eine Tenorhafte Stimmlage, ja, es könnte ein Tenor sein, ein Tenor, dem die Karriere versagt blieb. Sie blieb versagt, weil er einer von vielen war, viele Tenore verderben den Klang...ist er deshalb unter den Rot-geweinten, ist er nunmehr einer von ihnen, hat er hier den Erfolg, der ihm die langen Jahre verwehrt wurde? Er der Tenor, aus dem nichts wurde, ausser ein Rot-geweinter?

Nein, hat er nicht - ist er nicht!

Er ist auch nicht einer von ihnen von denen, den Rot-geweinten. Er sitzt allein auf einer Parkbank auf der Promenade, zwischen den Büschen, die die Promenade begrenzen, hin zum Bahndamm, der voller Müll, Dreck und Taubenkacke sich dahin erhebt, zum Bahnhofsteig, den die Menschen mühsam erklommen um hinweg zu kommen, von diesen Ort, Ort der mühseligen Schönheit, der Rot-geweinten. Zwischen den Büschen, zwischen den Bänken den besetzten von den Rot-geweinten, den Pennern. Er ist nicht einer von ihnen, von denen da, die keine Stimme mehr haben, nur sabbern, grölen mit sich überschlagenden Stimmen krächszend streiten um die letzte Pulle Fusel. Nein er ist es nicht!

Er ist der Tenor, der Tenor der See-Promenade, nur der See liegt zwischen ihm und seinen geliebten Bergen.

Diese von ihm würdevoll, die Würde die er noch in der Lage ist zu zeigen, sitzend, erfolgreich verteidigte, eingenomme Bastion der Promenade, einer Off-Konzertsaalbühne gleich gestaltet, hat er sie, die Parkbank. Eine Mikrofonattrappe in die er hinein Tenort, nunmehr.

"ICH GESTEHEHE...IHICH GESTEHEHE...ICH GESTEHEHEHE"

Die Sonntagsausflügler, die ,die den Ausflugsdampfer erreichen wollen. Er, der Dampfer, wartet nicht, das beweisen seine laut tutenden, Trommelfellplatzenden Nebelhörner, einem riesigen Ozeandampfer gleich, die zur letzten Warnung des Beginns der bevorstehenden Ausflugsverlustierung, warnen, heroisch den See in unruhige Wellenbewegungen versetzen mit der Folge, das der Dampfer zu rollen beginnt.

Sie hetzen vorbei, die Ausflugsverlustierer, keines Blickes würdigend dem Drama, dem sie sich unwillkürlich, im Vorbeihetzen aussetzen, aussetzen müssen

Sonnenschein, warm, Sommerwarm.

Als wenn irgendwo ein Tor geöffnet wurde, das Stadttor der Stadt, die den See bewacht, strömen Massen von Menschen auf den schmalen Weg, der von den Offiziellen, Seepromenade genannt wird. Die Züge der Eisenbahnen, S-Bahnen entlassen tausende von Menschen, die sich auch nur so, des Gehens mit ihren eigenen Füßen noch mächtig, dieser Promenade sich bemächtigen. Der Weg führt sie alle, aber auch alle an dem Tenor vorbei.

Zeitgleich setzen alle Flanierenden die von links nach rechts flanieren aber auch die, die von rechts nach links flanieren, nach Erreichen der Rot-geweinten Zone, eine ablehnde Miene, soweit möglich, im Rahmen ihres jweiligen Gesichtes auf. Diese ablehnenden Gesichter allerdings zeigen auffallend oft gewisse Ähnlichkeiten mit den von ihnen abgelehnten Rot-geweinten Gesichtern auf, austauschbar quasi (Tendenz: Bierdimpfl), nur das die Kleidung der ablehnenden Gesichter zwar nicht ansprechender, also modischer wäre, nein, sie ist lediglich etwas gepflegter, hin und wieder sind gebügelte Hemden dabei, schlecht sitzende aber verhältnismäßig saubere Hosen, oft im Dreiviertellook und besonders bei Männern beliebt, sommerliche Bermudahosen, auf schrecklich behaarten Eierwaden, oft mit blauen Flecken versehen, Hämathome gleich. Dabei sind Gesprächsfetzen zu vernehmen wie: "Die sollen mal lieber arbeiten gehen als hier rumzusaufen." Oft von denen bemerkt, denen die körperlichen Merkmale, insbesondere bei Männern, nicht unbedingt auf eine Schwangerschaft schliessen lassen.

Sie vermeiden den Blick hin zum Elend, als wäre dieser bereits ansteckend.

"IHICH GESTEHEHEHE...IHIHIHICH GESTEHEHEHECH....ICH GESTEHE!"

Zögerlich noch, bleiben die ersten Flanierenden stehen: "du ist das nicht der...?" flüsternd...versuchen sich gegenseitig weiterzuziehen, weg von diesem Ort. Doch immer mehr Flanierende laufen auf, die, die von links nach rechts flanieren und die die von rechts nach links flanieren. Sie alle suchen die Stimme des Tenors, der versteckt zwischen den Rot-geweinten Büschen, stehend in sein Attrappenmikrofon singt.

Ungläubig die vorerst ablehnenden, ja kritischen Gesichter, nun aufeinmal, staunend, diese Stimme, das kann doch kein Penner sein? Das muss doch ein Tenor sein...aber was zum Teufel nochmal will er denn gestehen? Und was tut er hier? Was will er hier? Warum ist er nicht in der Philaharmonie und gesteht dort?

Er soll es doch endlich tun, gestehen, skandieren die zögerlich nun doch versammelt stehengebliebenen Flaneure, die von rechts nach links flanierenden und die von links nach rechts flanierenden.

Sie sind neugierig geworden, an diesem Sonntagmittag, dem langweiligen, dem sommerlichen, mit ihrem ebensolchen Partner oder ebensolcher Familie oder ebensolcher Freunde an ihrer Seite.

Ja, nun gestehe doch endlich....

Ende Teil 1
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